Montag, 24. Juli 2017

Callahan's bis Crater Lake

Meile 1716 bis 1818

In der Lodge verbringen wir einige Zeit, trinken Kaffee und schauen das Nötigste für die nächste Strecke nach. Der Schnee um Crater Lake scheint langsam zu tauen. Gute Nachrichten, vielleicht müssen wir dann nicht wie befürchtet wieder tagelang durch verschneite Wälder stapfen. Unsere gute Laune steigt noch, als wir den Kaffee geschenkt bekommen. Und das, obwohl wir nicht einmal etwas gegessen haben! 

Die gute Laune kann nicht einmal Heidi, die nervige Hausziege der Lodge, trüben. Sie ist sehr interessiert an unserem Resupply Paket, sodass es schwierig ist, das Essen einzupacken. Als endlich alles verstaut ist, ziehen wir um halb elf mit schweren Rucksäcken weiter. Wir kommen noch etwa 15 Meilen, bevor wir am Wegrand unser Zelt aufschlagen. 
Die Schlangen sehen hier aus wie Regenwürmer 

Der Weg führt nun großteils ohne nennenswerte Anstiege durch endlose Wälder. Ganz selten lichten sich die Bäume etwas und man hat einmal etwas Aussicht. Um der Langeweile etwas zu entgehen, hören wir Podcasts, Hörbücher und überlegen uns weitere Projekte, die wir zu Hause umsetzen wollen. Schon jetzt haben wir vermutlich genug Ideen für die nächsten Jahre.

Die Wasserstellen werden nun seltener, sodass die Campingplätze an den wenigen Quellen rasch voll werden. Wir ergattern noch einen Platz und freuen uns, mal wieder mit gewaschenen Füßen in den Schlafsack gehen zu können. Andere Hiker warnen uns, dass es entgegen des Wasserreports von hier aus 18 Meilen kein Wasser gibt, also filtern wir lieber etwas mehr, bevor wir den Mücken entgehen und uns ins Zelt zurück ziehen.

Anderntags führt der Weg wieder öfter über mit Lavagestein bedeckte Lichtungen, die etwas Aussicht bieten. Zudem geht es viel bergab, sodass wir gut voran kommen und am frühen Nachmittag am Cascade Canal ankommen. 
Lavagestein und der PCT 

Nach einer ausgiebigen Mittagspause geht es weiter durch zunehmend mückenverseuchten Wald. Wir haben zwar ein Moskitospray mit DEET dabei, aber gegen Abend wird es so schlimm, dass Steffi trotzdem durchwegs gestochen wird. Wir sind froh, als wir nach 26 Meilen einen flachen Platz finden. In Rekordzeit bauen wir das Zelt auf und flüchten hinein. Gegessen wird diesmal im Zelt, zum Glück müssen wir ja nicht mehr kochen, sondern können uns direkt über die eingeweichte Nudelsuppe bzw. das Kartoffelpüree hermachen. 

Auch am nächsten Morgen lassen uns die Mücken nicht in Ruhe. Selbst während dem Laufen fallen sie über uns her, an Pause machen oder Wasser filtern ist erst einmal nicht zu denken. Erst am späten Vormittag steigen wir den Grat zum Devil's Peak auf, wo es vor einiger Zeit gebrannt hat und die Mücken somit keine Versteckmöglichkeit mehr haben. Wir können eine ausgiebige Mittagspause machen und endlich mal wieder etwas Aussicht genießen.

Im Abstieg auf der Nordseite liegt immer noch Schnee, allerdings spitzen hier und dort einige Steine und kleinere Bäume raus. Nach den schlechten Erfahrungen an Fuller Ridge entscheidet sich Steffi gegen Glissading, also der schnellen Abfahrt auf dem Hosenboden. Wir wählen die langsame, aber sicherere Variante und queren vorsichtig das steile, von der Sonne aufgeweichte Schneefeld auf dem Normalweg. Zum Glück ist es nur ein kleines Stück rutschig und wir kommen insgesamt gut voran. Auch diesen Abend essen wir wieder im Zelt, um nicht selbst auf der Speisekarte zu stehen.

Abstieg vom Devil's Peak

Anderntags sind es nur noch 15 Meilen bis Mazama Village, einem Campingplatz mit Laden im Crater Lake NP. Kurz bevor wir die Straße erreichen, murmelt Steffi etwas von "zu viele Mücken" und stürmt mit Vollgas an mir vorbei. So schnell sind wir glaube ich noch nie voran gekommen. Vielleicht sollte ich ein paar Motivationsmücken in einem Glas mitnehmen?
Nur eine tote Mücke ist eine gute Mücke 

Auf dem Campingplatz angekommen, gönnen wir uns erst einmal eine Dusche und holen dann unser Fresspaket und meine neuen Schuhe ab, die ich mir online bestellt hatte. Das letzte Paar ist schon etwas arg abgelaufen und die Sohle rutschig. Trotzdem war ich mit Adidas sehr zufrieden und habe zum Glück das alte Modell der Adidas Candida günstig auf Amazon gefunden.

Da wir schneller voran gekommen sind als geplant, haben wir ziemlich viel Essen über. Na ja, besser zu viel als zu wenig. Wir lassen ein paar Instantnudeln in der Hikerbox zurück, und sofort freut sich ein anderer über die gratis Abendessen. Abends sind zum Glück nicht ganz so viele Mücken unterwegs wie die letzten Tage, sodass wir in gemütlicher Runde draußen sitzen können. Leider wird Steffi von Kopfschmerzen, Übelkeit und üblem Juckreiz geplagt, neben den Mückenstichen hat sie wohl auch noch Bekanntschaft mit Poison Oak gemacht.  
Ein Klumpen Gummibärchen 

Am nächsten Tag starten wir unausgeschlafen zum Krater. Der Anstieg ist stellenweise steil und schneebedeckt, sodass man den Mücken nicht einmal mehr davon laufen kann. Oben angekommen, werden wir dafür mit einer atemberaubenden Aussicht belohnt, die wir allerdings mit vielen anderen teilen müssen. Schon am frühen Morgen ist der Parkplatz überlaufen, man merkt, dass es Wochenende ist.


Crater Lake

Wir holen uns einen Kaffee und setzen uns in die Sonne. Steffi geht es leider immer mieser, sie hat sich wohl irgendwas eingefangen. Die Mücken hier übertragen wohl auch das West Nile Virus und anderes, deshalb machen wir uns etwas Sorgen. Da es auch nach einer ausgiebigen Pause nicht besser wird, beschließen wir, wieder zum Campingplatz zurück zu gehen. Von dort aus soll es einen Bus in die nächstgrößere Stadt geben, wo man sich erst einmal in einem Motel auskurieren könnte. 

Da viel Verkehr herrscht, versuchen wir unser Glück zunächst mit Hitchhiking, anstatt nochmals durch den Wald und die Mücken zu laufen. Erst sieht es schlecht aus, aber schließlich werden wir von einer Kellnerin der Lodge mitgenommen, die früh Feierabend hat. Auf der Fahrt zum Campingplatz kommen wir ins Gespräch und sie meint, dass sie sowieso weiter nach Medford fahren würde und uns mitnehmen könnte. Da sagen wir natürlich nicht nein! Sie liefert uns sogar direkt bei einem Motel ab.

Nach einer erholsameren Nacht geht es Steffi zum Glück wieder besser. Wir beschließen trotzdem, noch einen Tag Pause zu machen, Wäsche zu waschen und etwas zu entspannen. Das letzte Motelzimmer ist nun doch schon einige Wochen her, in den letzten Orten hatten wir schließlich immer gezeltet.

Montag, 17. Juli 2017

Etna nach Callahans/Ashland (Meilen 1597 -1716)

Nachdem wir gestern in Etna ankamen lassen wir es heute ruhig angehen. Wir durchstöbern die zwei Supermärkte. Einer ist sehr günstig, aber geplündert, der andere sehr teuer. Wir hoffen darauf, dass diese am nächsten Tag eine neue Lieferung bekommen, ansonsten können wir nach Yreka fahren und dort im Walmart unsere Nahrung für ganz Oregon kaufen. Da es sich um 27 Tage handelt, lohnt es sich den Bus zu nehmen.

Früh morgens organisieren wir uns erst einmal einen Kaffee und genießen die Sonne. Kurz nach dem der geplünderte Laden öffnet, stehen wir auch schon bereit. Leider ist das Sortiment immer noch nicht aufgefüllt und wir entschließen uns nach Yreka zu fahren. 
Dort plündern wir den Walmart in einem mehrstündigen Shoppingrausch. Sämtliche Riegel räumen wir aus, da wir rund 200 Stück brauchen. Leider bekommen wir für Sebastian nur eine Packung Honeybuns. Aber ansonsten bekommen wir alles. Bis der Bus zurück geht haben wir noch 1 1/2 Stunden und so gehen wir noch schnell in die Pizza Factory und essen dort Pizza. Satt und zufrieden treten wir dann den Rückweg an.  

Sobald wir angekommen sind machen wir das Essen für die Pakete bereit. Wir schreiben Zettel was in jedem enthalten ist und legen uns Notizen rein, damit wir in einem Monat noch wissen, was für wen bestimmt war. Leider ist es schon so spät, dass die Post in Kürze schließt. Wir holen noch kurz Kartons von der Post, so können wir sie am nächsten Tag verpacken und gefüllt zur Post bringen. Den Abend verbringen wir mit Kirschen essen und viel Ruhe. 

Am Morgen stehen wir nicht allzu früh auf und gönnen uns einen gemütlichen Morgen. Dann geht Sebastian Kaffee holen und ich spiele Tetris mit unseren Paketen. Zum Frühstück gibt es leckere Himbeer-Donuts. Dazu gibt es noch einen Apfel für jeden. Danach schleppen wir die Pakete zur Post. Da fühlen sich die fünf Minuten Weg gleich viel länger an. Uns fällt wieder mal auf, wie happig die Preise des United States Postal Services sind: 78 $ für  drei Pakete! Trotzdem ist es für uns immer noch günstiger, als in den vor uns liegenden kleinen Resorts einzukaufen. 

Um 10 Uhr packen wir endlich zusammen und machen uns wieder auf den Weg zum Trail. Nicht mal zehn Sekunden warten wir, bis uns ein Mädchen mit einem Pickup aufsammelt und zum Trailhead fährt. Von dort oben können wir schon den Rauch des nahen Island Fire erkennen, aber er scheint den Weg nicht zu betreffen. Kurz bevor wir los laufen kommt uns eine Gruppe Hiker entgegen. Darunter auch eine alte Bekannte (Joyce). Wir sind etwas verblüfft, da wir diese weit vor uns vermutet hatten. Aber es ist schön mal wieder ein bekanntes Gesicht zu sehen.
Rauch am Etna Summit 

Die Gruppe versucht weiter eine Mitfahrgelegenheit nach Etna zu bekommen und wir machen uns auf den Weg. Wir kommen langsam voran, da der Geröll unter unseren Füßen uns ausbremst, dennoch kommen wir am Nachmittag noch 15 Meilen weit und schlafen am Marten Lake. Als ich mich darin waschen will fallen mir Tiere im Wasser auf. Echsen, die unter Wasser leben. Und sie sind gar nicht scheu.  
Sie schaffen es direkt auf meine Oh-sind-die-niedlich-Liste.
Schwimmende Echsen 

Sebastian ist in der Zwischenzeit auch aufgefallen, dass Tiere im See leben, da er auf den Schwanz eines Exemplares getreten ist. Dennoch sind sie sehr neugierig und schwimmen um ihn herum. 
Als wir am nächsten Morgen aufstehen sehen wir schon eine Ameise durch das Zelt torkeln. Mit Schrecken stellen wir fest, dass wir zwei Löcher im Zelt haben. Die Ameisen haben sich nachts durch das Zelt gefressen und haben sich über einen Sweet and salty Riegel her gemacht. (schon wieder!) Notdürftig flicken wir mit Tape das Zelt. Danach geht es weiter Richtung Kanada. Mein Bein macht immer noch leicht Probleme, da die Wunde immer wieder aufreisst, aber ansonsten ist es in Ordnung. 
Nach einer halben Stunde erreichen wir das erste Schneefeld. An diesem Tag haben wir zwei bis drei etwas größere Flecken Schnee. Es erinnert uns, wie wenig wir Schnee mögen. Dennoch kommen wir gut voran. 
Nachts hören wir dann Schritte und einen lauten Pfiff. Aus dem Schlaf gerissen suchen wir die Umgebung ab und sehen zu unserem Erstaunen ein Reh. Seit wann können die den Pfeifen? Dieses lässt sich nicht stören und kaut gemütlich die Büsche ab. Gut, schlafen wir halt weiter und hoffen, dass sich Bambi weder durch das Zelt noch durch unser sonstiges Equipment frisst. Ansonsten gibt es morgen Rehbraten.
Schöne Aussicht, sobald man aus dem Wald heraus kommt 
Der Morgen ist recht warm und wir wachen recht früh auf. Und heute ist ein besonderer Tag: Sebastians Burzeltag! Sofort bringe ich ein kleines Ständchen und überreiche ihm den letzten Snickers als eine Art Geburtstagsgeschenk. Zum Frühstück haben wir noch einen Minikuchen zur Feier des Tages. Danach geht es weiter Richtung Seiad Valley. Der Weg dorthin ist sehr flach und so kommen wir nach 18 Meilen gegen Mittag dort an. Die letzten paar Meilen läuft man auf der Straße. Nicht unbedingt die schönste Strecke. Zuerst holt Sebastian sein Paket, indem neue Faltflaschen für den Filter und ein paar neue Socken enthalten sind. Danach feiern wir etwas im nächstgelegenen Cafe. Dort gibt es ein großes Mittagessen und einen riesigen Milkshake. 
Danach warten wir noch etwas die Hitze ab. Dabei erzählt uns ein Anwohner, dass es einen alternativen Weg gibt, der mehr Schatten und Wasser bietet. Diese Alternative klingt sehr gut und wir entschließen uns diese zu gehen. Davor bekommt Sebastian noch einen Pudding, Saft und Nüsse von einer Hikerin geschenkt, die sich zu viel in ihrem Paket vorgeschickt hatte. 
Landschaft in Oregon 

Die Alternative ist tatsächlich sehr schattig, so kann man auch bei den herrschenden 35° noch gut laufen. Wir finden nach ein paar Meilen einen schönen ruhigen Platz am Fluss und genießen noch den restlichen Tag. 
Am nächsten stehen wir früh auf und nehmen den Anstieg in Angriff. Die Alternative verläuft auf einer Straße und trifft bei Meile 1668 wieder auf den PCT. Zu unserem Glück hält ein Wagen neben uns und fragt ob er uns mit nehmen kann. Wir sagen ja und können so die letzten drei Meilen an der Straße beschleunigen. Der Weg ist Richtung Oregon erheblich kühler geworden. Wir haben sehr angenehme 20° und Sonnenschein. Der Weg ist leicht zu laufen und so kommen wir recht gut voran. Unseren Campingplatz erreichen wir sehr früh und nutzen die Zeit um unsere neuen Ideen aufzuschreiben. Nachdem die Sonne untergeht ist es ungewöhnlich kalt. Zum ersten Mal seit Sierra City kramen wir unsere Daunenjacken aus.  Zudem fällt mir auf, dass das Wohlriechendste in meinem Rucksack die neue Mülltüte ist.  
Blumenmeer in Oregon 

Der nächste Morgen ist kalt. Deshalb beeilen wir uns voran zu kommen. Im Laufe des frühen Vormittags steigen die Temperaturen aber wieder an und bleiben dann zwischen 22° - 23°. Um halb acht erreichen wir glücklich die Grenze nach Oregon. Juhuu endlich ein neuer Bundesstaat. Der Weg ist sehr einfach und bis Mittag haben wir die 17 Meilen erreicht. Ein paar kleinere Flecken Schnee haben wir auch. Doch jemand hat einen Weg in den Schnee gegraben. So das der Schnee kein Hindernis ist. Kurz nach unserer Mittagspause sehen wir auf dem Weg Trailmagic. Zwei Kisten mit Getränkedosen und Stühlen. Im Register hat sich bisher niemand eingetragen, aber eine Dose ist schon im Müll. Der Hiker vor uns hat sich nicht eingetragen und so sind wir die ersten eingetragenen Hiker von 2017.
Trailmagic in Oregon 
Trailmagic 

Danach geht es gemütlich weiter bis zu unserem Zeltplatz. Dass wir heute 25 Meilen gemacht haben, merken wir kaum. Bis nach Callahan's sind es noch 6 Meilen und vor 8 Uhr brauchen wir dort morgen nicht aufzutauchen, um unser nächstes Fresspaket abzuholen. Nun genießen wir noch den ruhigen Abend. 
Im Morgengrauen stehen wir auf. Es ist definitiv wärmer als gestern und wir kommen gut voran. Kurz vor Callahan kann ich sogar noch einen Bärenhintern sehen, der im Gebüsch davon rennt. Kurz nach acht erreichen wir Callahan und holen dort unser Fresspaket ab und gönnen uns dort noch einen Kaffee. 
Stefanie 

Dienstag, 11. Juli 2017

Castella nach Etna

Meile 1499 bis 1597

In Castella machen wir uns erst einmal auf dem örtlichen Campingplatz breit und gönnen uns eine Dusche. Zum Glück hat ein freundlicher Mensch einen großen Vorrat an Tokens für die Duschautomaten im PCT-Campbereich deponiert. 

Wieder etwas sauberer machen wir uns auf den Weg zum nahen Laden. Hier holt Steffi ihr Paket vom REI mit neuen Schuhen und Klamotten ab und wir kaufen das Nötigste für die nächste Etappe. Leider ist der kleine Laden exorbitant teuer, trotzdem gönnen wir uns einen großen Becher Eis. Dafür plündern wir allerdings die Hikerbox.

Den Nachmittag verbringen wir mit Lesen. Steffi beeilt sich, ihr Buch zu beenden, damit sie es in der Hikerbox lassen kann und nicht weiter tragen muss. Gegen Abend hält ein Auto am Zeltplatz. Der Fahrer sieht verdächtig nach Hiker aus... Wir haben richtig vermutet, es ist Hiking Solo, der letztes Jahr in Ashland aufhören musste und nun von dort aus weiter machen will. Zuvor will er aber eine große Box Bier loswerden - da können wir natürlich nicht nein sagen. Wir genehmigen uns eine Dose, der Rest bleibt für die nachfolgenden Hiker stehen.

Am nächsten Tag starten wir wie gewohnt um 6 Uhr morgens. Über einen kleinen Trail direkt hinter unserem Zeltplatz kommen wir nach knapp 2 Meilen wieder auf den PCT und sparen uns somit das Stück an der Straße. Der restliche Tag geht durchwegs bergauf. Am Vormittag stolpert Steffi unglücklich und bremst mit dem Knie. Wir verarzten die Wunde, trotzdem schmerzt es den ganzen Tag. Auf dem weiteren Aufstieg beginnt es auch in meinem Knie zu stechen. Leichte Beschwerden hatte ich schon während den langen Abstiegen der letzten Tage, aber das Stechen ist neu. Vielleicht will sich mein Knie nur mit Steffis solidarisch zeigen?

Wieder in den Alpen

Gegen Abend schmerzt zumindest Steffis Knie mehr, aber wir schaffen immerhin 24 Meilen. Die Landschaft ist wieder vollkommen anders, nachdem wir die letzten Tage fast durchwegs im Wald verbracht hatten, laufen wir nun am Grat entlang und haben schöne Ausblicke über das Alpenpanorama der Trinity Alps.

Leider stört Steffis Knie auch ihre Nachtruhe und macht am nächsten Tag weiter Probleme. Gegen Mittag kommen wir an dem sehr schön gelegenen Deadfall Lake vorbei. Man merkt, dass es Samstag ist, denn auf dem weiteren Weg kommen uns Horden an Spaziergängern und Familien entgegen, die sich vom knapp zwei Meilen entfernten Parkplatz auf den Weg gemacht haben.
Obwohl wir flott voran kommen, entschließen wir uns nach etwas mehr als 20 Meilen schon für einen frühen Feierabend um halb vier, um Steffis Knie etwas Ruhe zu gönnen. 

Leider ist der Nachmittag nicht ganz so erholsam wie gehofft, denn wie überall ist auch hier alles voller Ameisen in allen Größen. Nachdem wir mehrmals auch an eher unangenehmen Stellen gezwickt wurden, verziehen wir uns lieber ins Zelt. Dabei wäre der Platz so schön gewesen!

Da das Knie immer noch schmerzt, beschließen wir, schon eher nach Etna zu gehen. Gegen Mittag erreichen wir eine Straße. Während wir warten, spricht uns eine andere Hikerin an und erzählt, dass sie von Norden nach Etna gewandert sind und aufgrund eines nahen Waldbrands arge Probleme mit dem Rauch hatten. Als sie Etna wieder Richtung Süden verlassen wollten, war dort der Rauch so dicht, dass sie nicht laufen konnten, deshalb suchen sie jetzt einen anderen Startpunkt. Genau an der Stelle wären wir auch vorbei gekommen, wenn wir regulär weiter gelaufen wären - Glück im Unglück? 

Nach einiger Zeit werden wir von einem älteren Herren mitgenommen, der in der Gegend mit seinem Quad unterwegs war. Ich helfe ihm noch, das Quad auf den Anhänger zu verladen, dabei fällt mir der Revolver am Gürtel auf. Inzwischen sind wir die Waffenpräsenz ja gewohnt. 

 In Etna angekommen gönnen wir uns erst einmal ein Eis und gehen dann in den Stadtpark, der auch als Zeltplatz fungiert. Hier sitzen schon einige andere Hiker, und wir verbringen einen gemütlichen Abend in der Runde. Jetzt lassen wir erst einmal in Ruhe das Knie heilen und kümmern uns um den Resupply für Oregon. Mangels anderer Möglichkeiten werden wir uns von hier nun drei Fresspakete für die nächsten Wochen voraus schicken.








Donnerstag, 6. Juli 2017

Old Station nach Castella (Meilen 1371 - 1499)

Gegen kurz vor drei erreiche auch ich Old Station. Inzwischen ist es ganz schön heiß geworden und freue mich auf meine wohl verdiente Pause. Der Rucksack mit dem Essen ist enorm schwer. Da wir schneller waren und großzügig waren haben wir nun Essen für mehr als zehn Tage dabei. Etwas übertrieben.
Danach ruhen wir uns noch etwas aus um am nächsten Tag nach Castella aufzubrechen.
Der Weg über die Hat Creek Rim ist staubig, trocken und heiß. Erinnert uns sehr an die Wüste. Wir gehen bis zu einer Wasserstelle und warten dort die Mittagshitze ab. Danach gehen wir noch etwas weiter und schlagen nach gemütlichen 20 Meilen unser Zelt auf. Der Ausblick ist wunderschön und wir können bis zum Sonnenuntergang den Gleitschirmfliegern zusehen wie sie schweben.



Der Morgen kam viel zu früh. Ich bin immer noch müde. Noch leicht im Zombiemodus packe ich meinen Krempel zusammen. Nach ein paar Minuten muss ich kurz anhalten. Etwas im Schuh drückt. Als ich versuche das drückende Etwas zu entfernen, läuft es allerdings in Panik davon. Es war ein schwarzer länglicher Käfer und er lebt. Auch nach dem Schuhaufenthalt. Wie man sich nur meine Schuhe als Obdach aussuchen kann ist mir ein Rätsel. Die Schuhe haben schon fast 1000 Meilen hinter sich und man riecht es ihnen an.  In Castella erwartet mich ein neues Paar Schuhe und ein Wanderrock. 
Mit mehr Platz im Schuh geht es dann weiter. Das Thermometer klettert über die 38° und schmort uns im eigenen Saft. Dieser Part ist nicht angenehm aber dafür ist es zumindest ein flaches Stück.

Nach 25 Meilen schlagen wir unser Zelt in der Nähe von Burney Falls auf. Meine Füße sind wegen dem Sand etwas abgerieben (mal wieder). Zum Glück habe ich genügend New Skin und Compeed dabei um die Stellen zu verarzten. Da ich ziemlich müde bin, schlafe ich auf der Stelle ein. Noch während es dämmert erwache ich wieder. Eine Mücke hat mich erwischt, da mein Fuß wohl am Mückengitter angestoßen war. Das juckt höllisch und ist fies, da es genau an der Zehenspitze ist. Voll hinterhältig! Aber Mücken scheinen hier das Manko zu sein. Dafür hat man im Großen und Ganzen angenehme Temperaturen, Schatten, Wasser und wir brauchen nur noch unsere kurzen Hosen und Hemden.

Am Morgen machen wir einen Abstecher zu dem "Burney Falls" — ein Wasserfall. Danach geht es wieder auf den Weg. Es geht sehr langsam voran, da meine Fußsohlen schmerzen. Dennoch kommen wir 22 Meilen weit und schlagen an einem Bach unser Zelt auf. Nach dem sehr trockenen und staubigen Stück eine Wohltat. Nicht nur für uns. 
Der nächste Tag beginnt ruhig mit einem Aufstieg. Auf dem höchsten Punkt klettern wir über wenige Schneefelder. Diese sind so klein, dass es uns nicht abbremst und so gehen wir an diesem Tag fast 27 Meilen. Bei der letzten Pause sehen wir noch ein Reh, dass an einem Busch knabbert und keine Angst vor uns hat. Am Deer Creek schlagen wir unser Zelt auf und haben dort noch Besuch von einem weiteren Reh, dass neugierig um uns herum springt. Zu 50% süß und 50% gruselig.

Am nächsten Tag geht es für uns den ganzen Tag bergauf. Noch recht früh begegnet uns ein weiteres Reh, dass eine Socke im Mund hat und darauf herum kaut. (Hat es den Rest vom Hiker auch gefressen? ) Beim Auffüllen am Bach sieht Sebastian eine schwimmende Schlange und kurz vor unserem Zeltplatz sehen wir einen Bär. Der uns ansieht und nicht das Weite sucht. Unbeirrt sucht und gräbt er. Hoffen wir mal, dass unser Essen morgen noch da ist.

Bis nach Castella sind es noch 12 Meilen Trail und 2 Meilen auf der Straße. Heute habe ich mir tatsächlich blutige Zehen gelaufen. Ich merke gerade ganz klar das meine Garantie abgelaufen ist und ich auseinander falle. Hoffe das heilt schnell ab und gibt keine Probleme für die letzten Meilen. 
Die letzten Meilen sind kein Problem und so kommen wir noch vor Mittag nach Castella. Dort bekomme ich meinen neuen Rock und die neuen Schuhe. 
Stefanie 

(Bilder kommen, wenn wir wieder WLan haben.)

Quincy nach Old Station


Meile 1265 bis 1371

In Quincy schicken wir unseren Kocher, die Eisaxt und ein paar Klamotten weg. Ab jetzt liegt hoffentlich weniger Schnee und wir können auf warme Küche verzichten. Stattdessen haben wir je ein großes Erdnussbuttergefäß aus Plastik, in dem wir mittags unsere Nudeln, Reis oder Kartoffelpüree einweichen. Abends im Camp ist dann sofort das Essen fertig. 
Nudelsuppe und Reis

Nach Einkaufen und einem Burger geht es wieder auf den Trail. Wir haben Glück beim Hitchhiken und werden nach knapp fünf Minuten schon mitgenommen. Besser könnte es gar nicht laufen! Wir wandern noch ein paar Meilen und zelten an einem kleinen Schmelzwasser-See. 

Am nächsten Morgen sehe ich das erste Mal einen Bären auf dem Trail. Er läuft gerade über eine Lichtung und verschwindet sofort im Wald, als er uns hört. Steffi ist leider ein paar Schritte hinter mir und sieht ihn nicht mehr. 

Im Laufe des Vormittags rechnen wir nach, wann wir in Old Station ankommen könnten, wo bei der Post unser nächstes Essenspaket wartet. Abhängig von der Schneelage würden wir vmtl.  sonntags ankommen. Da hat die Post natürlich zu... Wir lesen kurz nach und stellen fest, dass der Postbeamte freundlicherweise samstags außerhalb der regulären Öffnungszeiten von 13 bis 15 Uhr Pakete ausgibt. Wir müssen es also irgendwie bis Samstag um 15 Uhr schaffen! Der Hitze zum Trotz steigen wir am Nachmittag von Belden noch einige Meilen auf und schaffen einen 25 Meilen Tag. Wir finden einen schönen Zeltplatz am Fluss. Da unsere Schlafsäcke von der letzten Nacht noch etwas klamm sind, breiten wir sie noch kurz zum Trocknen aus. Als Steffi ihren zusammenpacken will, fällt eine nicht sehr erfreute Klapperschlange heraus! Diese ist sichtlich erbost darüber, um ihre neue weiche Behausung gebracht worden zu sein. Na ja, ab jetzt werden wir die Schlafsäcke besser zum Trocknen aufhängen.
Gesellschaft im Schlafsack

Am nächsten Morgen müssen wir als allererstes den Fluss durchqueren und holen uns direkt nasse Füße. Im Schatten der Bäume wird es leider nur sehr langsam warm, und die vereinzelten Schneefelder helfen auch nicht gerade dabei, die Füße zu trocknen. Gegen Mittag sind also Steffis Zehen wieder wundgerieben und wollen verarztet werden. Danach geht es besser und wir schaffen immerhin 23 Meilen. Die Nacht wird leider eher unruhig, da ein recht großes Tier mehrere Stunden lang unser Zelt umkreist. Wir können nichts erkennen, die Schritte klingen jedoch nicht nach Hirsch oder Ähnlichem. Zum ersten Mal sind wir wirklich froh, unser Essen abseits in einen Baum gehängt zu haben.

Mittlerweile haben wir den Lassen National Forest erreicht und wandern über einen schönen Grat aus Vulkabgestein mit Aussicht über die Wälder. Sobald die Bäume die Sicht frei geben, sehen wir den noch schneebedeckten aktiven Vulkan im Lassen Nationalpark. Der Park ist unser nächstes Ziel, aber glücklicherweise führt unser Weg schneefrei um den Vulkan herum.
Lassen am Horizont

Am nächsten Tag hatten wir eigentlich mit Schnee gerechnet, doch wider Erwarten ist der Trail auch auf 7500 ft quasi schneefrei. Wir kommen recht gut voran und treffen mittags ein paar andere Hiker. Im Gespräch kommt heraus, dass ja am Wochenende schon mehr oder weniger ganz Amerika in Feierlaune ist - am Dienstag ist schließlich der 4. Juli. Ob da wohl die kleine Poststelle offen hat? Wir versuchen anzurufen, kommen aber nicht durch. Da wir keine Lust haben, potenziell bis Mittwoch auf unser Paket zu warten, beschließen wir, einfach noch mehr Gas zu geben. Mit Puffer sollten wir also morgen am Freitag um spätestens 14 Uhr in Old Station sein. 24 Stunden für knapp 40 Meilen! Dazu kommt, dass zwischen uns und unserem Ziel der Lassen NP liegt, in dem nur mit Bärenkanister gecampt werden darf. Lediglich ein Campingplatz im Park hat fest installierte Bärenboxen. Unsere Bärenkanister haben wir natürlich längst weggeschickt, wir müssen also heute insgesamt 32 Meilen machen, um den Campingplatz zu erreichen. 

Mit ziemlich schmerzenden Füßen kommen wir kurz nach 19 Uhr an. Der Smalltalk mit den anderen Hikern muss diesmal kürzer ausfallen, weil der Wecker am nächsten Tag schon um kurz vor 4 klingelt. Allerdings ist auch diese Nacht nicht ruhig, denn gegen Mitternacht klappert ein ungebetener Gast geräuschvoll alle Bärenboxen und bärensicheren Mülleimer ab. 

Wir haben uns darauf geeinigt, dass ich vor laufe und das Paket hole, Steffi dafür das Zelt abbaut und gemütlicher nachkommt. Mit Stirnlampe mache ich mich kurz nach vier auf den Weg. Kurz vor Anbruch der Dämmerung erreiche ich einen Fluss. Es gibt keine Brücke und im Zwielicht kann ich keinen Baum oder Ähnliches ausmachen, womit man trockenen Fußes rüber kommen könnte. Mir bleibt also nichts anderes übrig, als wieder mal quer durch zu spazieren. Das Wasser reicht mir bis zur Hüfte, und die nächsten zwei Stunden ist mir ziemlich kalt, bis die Sonne mich endlich trocknet. Steffi hat zum Glück den Fluss im ersten Tageslicht erreicht und einen umgestürzten Baum gefunden.
Die Wegmarkierungen hängen teils schon eine Weile

Zum Glück ist der weitere Weg bis auf ein paar umgestürzte Bäume recht einfach, sodass ich die Post um kurz nach 12 erreiche. Im Laden nebenan gönne ich mir noch Eis und ein kühles Getränk und mache mich mit vollem Rucksack wieder zurück zum Trail, um auf Steffi zu warten.