Donnerstag, 6. Juli 2017

Quincy nach Old Station


Meile 1265 bis 1371

In Quincy schicken wir unseren Kocher, die Eisaxt und ein paar Klamotten weg. Ab jetzt liegt hoffentlich weniger Schnee und wir können auf warme Küche verzichten. Stattdessen haben wir je ein großes Erdnussbuttergefäß aus Plastik, in dem wir mittags unsere Nudeln, Reis oder Kartoffelpüree einweichen. Abends im Camp ist dann sofort das Essen fertig. 
Nudelsuppe und Reis

Nach Einkaufen und einem Burger geht es wieder auf den Trail. Wir haben Glück beim Hitchhiken und werden nach knapp fünf Minuten schon mitgenommen. Besser könnte es gar nicht laufen! Wir wandern noch ein paar Meilen und zelten an einem kleinen Schmelzwasser-See. 

Am nächsten Morgen sehe ich das erste Mal einen Bären auf dem Trail. Er läuft gerade über eine Lichtung und verschwindet sofort im Wald, als er uns hört. Steffi ist leider ein paar Schritte hinter mir und sieht ihn nicht mehr. 

Im Laufe des Vormittags rechnen wir nach, wann wir in Old Station ankommen könnten, wo bei der Post unser nächstes Essenspaket wartet. Abhängig von der Schneelage würden wir vmtl.  sonntags ankommen. Da hat die Post natürlich zu... Wir lesen kurz nach und stellen fest, dass der Postbeamte freundlicherweise samstags außerhalb der regulären Öffnungszeiten von 13 bis 15 Uhr Pakete ausgibt. Wir müssen es also irgendwie bis Samstag um 15 Uhr schaffen! Der Hitze zum Trotz steigen wir am Nachmittag von Belden noch einige Meilen auf und schaffen einen 25 Meilen Tag. Wir finden einen schönen Zeltplatz am Fluss. Da unsere Schlafsäcke von der letzten Nacht noch etwas klamm sind, breiten wir sie noch kurz zum Trocknen aus. Als Steffi ihren zusammenpacken will, fällt eine nicht sehr erfreute Klapperschlange heraus! Diese ist sichtlich erbost darüber, um ihre neue weiche Behausung gebracht worden zu sein. Na ja, ab jetzt werden wir die Schlafsäcke besser zum Trocknen aufhängen.
Gesellschaft im Schlafsack

Am nächsten Morgen müssen wir als allererstes den Fluss durchqueren und holen uns direkt nasse Füße. Im Schatten der Bäume wird es leider nur sehr langsam warm, und die vereinzelten Schneefelder helfen auch nicht gerade dabei, die Füße zu trocknen. Gegen Mittag sind also Steffis Zehen wieder wundgerieben und wollen verarztet werden. Danach geht es besser und wir schaffen immerhin 23 Meilen. Die Nacht wird leider eher unruhig, da ein recht großes Tier mehrere Stunden lang unser Zelt umkreist. Wir können nichts erkennen, die Schritte klingen jedoch nicht nach Hirsch oder Ähnlichem. Zum ersten Mal sind wir wirklich froh, unser Essen abseits in einen Baum gehängt zu haben.

Mittlerweile haben wir den Lassen National Forest erreicht und wandern über einen schönen Grat aus Vulkabgestein mit Aussicht über die Wälder. Sobald die Bäume die Sicht frei geben, sehen wir den noch schneebedeckten aktiven Vulkan im Lassen Nationalpark. Der Park ist unser nächstes Ziel, aber glücklicherweise führt unser Weg schneefrei um den Vulkan herum.
Lassen am Horizont

Am nächsten Tag hatten wir eigentlich mit Schnee gerechnet, doch wider Erwarten ist der Trail auch auf 7500 ft quasi schneefrei. Wir kommen recht gut voran und treffen mittags ein paar andere Hiker. Im Gespräch kommt heraus, dass ja am Wochenende schon mehr oder weniger ganz Amerika in Feierlaune ist - am Dienstag ist schließlich der 4. Juli. Ob da wohl die kleine Poststelle offen hat? Wir versuchen anzurufen, kommen aber nicht durch. Da wir keine Lust haben, potenziell bis Mittwoch auf unser Paket zu warten, beschließen wir, einfach noch mehr Gas zu geben. Mit Puffer sollten wir also morgen am Freitag um spätestens 14 Uhr in Old Station sein. 24 Stunden für knapp 40 Meilen! Dazu kommt, dass zwischen uns und unserem Ziel der Lassen NP liegt, in dem nur mit Bärenkanister gecampt werden darf. Lediglich ein Campingplatz im Park hat fest installierte Bärenboxen. Unsere Bärenkanister haben wir natürlich längst weggeschickt, wir müssen also heute insgesamt 32 Meilen machen, um den Campingplatz zu erreichen. 

Mit ziemlich schmerzenden Füßen kommen wir kurz nach 19 Uhr an. Der Smalltalk mit den anderen Hikern muss diesmal kürzer ausfallen, weil der Wecker am nächsten Tag schon um kurz vor 4 klingelt. Allerdings ist auch diese Nacht nicht ruhig, denn gegen Mitternacht klappert ein ungebetener Gast geräuschvoll alle Bärenboxen und bärensicheren Mülleimer ab. 

Wir haben uns darauf geeinigt, dass ich vor laufe und das Paket hole, Steffi dafür das Zelt abbaut und gemütlicher nachkommt. Mit Stirnlampe mache ich mich kurz nach vier auf den Weg. Kurz vor Anbruch der Dämmerung erreiche ich einen Fluss. Es gibt keine Brücke und im Zwielicht kann ich keinen Baum oder Ähnliches ausmachen, womit man trockenen Fußes rüber kommen könnte. Mir bleibt also nichts anderes übrig, als wieder mal quer durch zu spazieren. Das Wasser reicht mir bis zur Hüfte, und die nächsten zwei Stunden ist mir ziemlich kalt, bis die Sonne mich endlich trocknet. Steffi hat zum Glück den Fluss im ersten Tageslicht erreicht und einen umgestürzten Baum gefunden.
Die Wegmarkierungen hängen teils schon eine Weile

Zum Glück ist der weitere Weg bis auf ein paar umgestürzte Bäume recht einfach, sodass ich die Post um kurz nach 12 erreiche. Im Laden nebenan gönne ich mir noch Eis und ein kühles Getränk und mache mich mit vollem Rucksack wieder zurück zum Trail, um auf Steffi zu warten. 

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